„Das größte Geschenk erhielten wir bereits vor Saisonbeginn, konkret am 25.03., als nämlich unsere Tochter Nathalie geboren wurde. Die Kleine krempelte unseren Tagesablauf völlig um und andere Dinge verloren somit an Bedeutung. So stellte ich auch gerne die taubensportlichen Belange zurück, fiel die Geburt der Kleinen doch direkt in die Saisonvorbereitungsphase. Klar hatte ich weniger Zeit für die Tauben. Zwar wurden die nötigen Impfungen und Untersuchungen noch zeitgerecht durchgeführt, aber Behandlungen wurden nicht vorgenommen, sahen die Tauben doch gut aus“, führt Alfred Berger zu Beginn unseres Besuchs aus. Obwohl ein geringer Befall an Coccidien attestiert wurde, wurde zunächst nichts unternommen. Erst als in der Woche vor dem zweiten Preisflug die Trainingsfreude seiner Reisemannschaft nachließ, wurde nach dem Flug und auch nach dem dritten Flug jeweils für zwei Tage mit Baycox behandelt und die Schläge ausgebrannt.
Ein geändertes Reisesystem
Für die Saison 2017 wurde von dem bewährten System der totalen Witwerschaft Abstand genommen und an Stelle dessen sowohl die Vögel als auch die Weibchen nach der herkömmlichen Schonmethode gespielt, d. h., der jeweilige Partner blieb im Haus. „Ich wollte bei der Rückkehr vom Flug sichergehen, dass die Tiere immer ihren Partner vorfinden und somit Zeit sparen. Bisher war es bei der Ankunft der Tiere sehr zeitintensiv, dafür zu sorgen, dass jeder Heimkehrer ein Gegenstück vorfindet, und nach Eintreffen des originären Partners ordnend einzugreifen. So konnte ich mit viel mehr Ruhe die Ankunft der Tiere wahrnehmen“, so die Erklärung unseres Sportfreundes. „Das hat mir gut gefallen, sodass ich voraussichtlich auch in 2018 nach diesem System spielen werde.“
Dazu wurde der Jungtierschlag im 1. Stock der Schlaganlage zum Abteil für die Reisevögel umfunktioniert und mit 24 Zellen und einer Box auf dem Boden bestückt, sodass das Team der Vögel 25 Tiere umfasste. Diese wurden Anfang Februar verpaart. Die 25 Täuber, davon 21 Jährige, erhielten dann ab Mitte März abends unregelmäßig Freiflug und wurden ab Anfang April nach dem erneuten Anpaaren aus kurzen Entfernungen (2, 4, 8 und 13 km) trainiert. Da die Eier sofort weggenommen wurden, trainierten die Vögel also nur auf Treiben auf kurzen Strecken und nicht am Haus. „Unter dem Strich muss man sagen, dass wegen der kurzen privaten Trainingsflüge und weil die Vögel nicht so umfangreich wie in den anderen Jahren am Haus trainierten, sie nicht den konditionellen Zustand erreichten wie die Weibchenmannschaft“, lautet Alfreds Resümee. Das hatte offensichtlich Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Rückkehr, denn nachdem nur auf dem 4. Preisflug ein Vogel ausblieb, fehlen vom ersten „400er“, allerdings einem wahren Katastrophenflug, der am 03.06. stattfand, bis heute noch 11 Stück.
Die Vorgehensweise für die 36 Reiseweibchen war anders. Sie wurden Ende Februar in den drei Reiseabteilen verpaart, hatten um den 10.03. gelegt und Ende März schlüpften die Jungen. Erst in der ersten Aprilhälfte erhielten die Weibchen erstmals Freiflug, nachdem sie zuvor raubvogelbedingt im Winterhalbjahr festgesetzt wurden. „Dieser relativ späte Zeitpunkt brachte es mit sich, dass ich die Weibchen nicht privat trainieren konnte, sondern sie nur auf die vier Vorflüge der RV mitgeben konnte. Sicherlich keine Vorbereitung, wie ich sie sonst bevorzuge.“ Gleichwohl handelte es sich um eine überwiegend erfahrene Mannschaft mit vielen älteren Weibchen, die ihre Klasse bereits auf zahlreichen Flügen bewiesen hat. Auf dem o.a. Katastrophenflug blieben deutlich weniger Weibchen aus und viele sind noch Wochen später nachgekommen, sodass bis heute nur noch fünf Einjährige fehlen. Die Weibchen waren es dann auch, die die Fahne des Schlages Berger hochhielten, obwohl die einzige Taube in der FG mit 11/11 Preisen mit dem 1868-16-328 ein jähriger Vogel ist. Der „328“ ist ein Sohn des „10-684“, der der Linie von Alfreds Olympiavogel „Champ 408“ und dem As-Vogel „488“, also Sohn „Kaiser“, entspringt. Seine Mutter ist eine Originale von Markus und Bettina Neeb. Insgesamt schlug sich die Truppe sehr achtsam, denn am Ende der Alttierreise schlugen folgende Ergebnisse und Titel zu Buche: 4. FG-Meister, 1. RV-Meister, 1. RV-Jährigenmeister, 1. RV-Weibchenmeister, 1. RV-Weitstreckenmeister, 1., 3., 4., 5., 7. bestes Weibchen der RV, bestes jähriges Weibchen, bester jähriger Vogel, 6 x 1. Konkurs. National war keine Platzierung möglich, da der „600er“-Endflug witterungsbedingt ausfallen musste. „Für mich ist das ein gutes Ergebnis, wenn man den Aufwand betrachtet, der betrieben wurde. Ich habe wenig Zeit bei den Tauben verbringen können, daher bin ich zufrieden“, bewertet Alfred Berger das Reisejahr 2017. Wir denken, dass Alfred besonders mit seinen Weibchen wieder eine super Saison hatte, denn bis auf den Flug am 03.06. hat er auf allen anderen 10 Preisflügen sowie auch auf den 4 Vorflügen kein einziges seiner Weibchen verloren. Eine sehr beachtliche Quote, wie wir finden.
Auch hier schlug die Jungtaubenkrankheit zu
Die Jungtauben bezogen komplett den Gartenschlag, der früher von den Rassetauben besetzt war. Dieser ist vorne über die gesamte Front offen und wurde zusätzlich mit zwei vorgesetzten Habru-Volieren ausgestattet. Sie wurden nicht verdunkelt. Die Führung und Haltung kann mit der Bezeichnung laissez-faire umschrieben werden. „Ich habe sie morgens vor dem Weg zur Arbeit rausgelassen und in der Mittagspause, manchmal auch erst abends wieder hereingerufen. In dieser Zeit gammelten sie auf dem Dach oder im Garten herum. Erstaunlich ist, dass ich nicht ein Tier durch den Greifvogel am Haus verloren habe. Auch machten die Jungen einen guten Eindruck, allerdings sind sie nicht viel geflogen. Ich habe bewusst auf die Zugabe von Beiprodukten verzichtet, lediglich dem Wasser wurde täglich Avidress zugesetzt. Es war für mich auch ein indirekter Test, um die Wirkungsweise von Produkten zu testen, die das Immunsystem stärken sollen. In vielen Diskussionen wird ja gerne behauptet, es geht auch ohne, und so wollte ich diese Frage für mich selber klären.“
Als die Jungtierreise heranrückte, wurde die Fütterung auf 2/3 Mifuma Fitness und 1/3 Mifuma Powermix umgestellt. Unter Zuhilfenahme einer Fahne wurden die Youngster zuvor zum ausgiebigeren Freiflug ermuntert und kurze Zeit später zogen sie täglich für längere Zeit weg. Bis zum Beginn der ersten Vorflüge wurden sie dann 6 x privat von 13 bis 20 km und einmal von 28 km trainiert. Ins tägliche Trinkwasser kam dann erst ab dem ersten Vorflug Avitestin und Entrobac. Am 22.07., also vier Tage nach dem 2. Vorflug, war an einem Platz der Kot erstmals grünlich und Erbrochenes an genau diesem Sitzplatz zu finden. Ein Junges landete dann beim Freiflug auch früher und sprang nach dem Freiflug auch nicht wie gewohnt mit den anderen Jungen zügig in den Schlag ein. Zu allem Überfluss musste Alfred die nächsten zwei Tage verreisen und nach seiner Rückkehr offenbarte sich dann das ganze Desaster: dünner Kot, zahlreiche Tauben, die sich erbrachen und schlecht fraßen, Tiere, die mit gesträubten Federn teilnahmslos herumsaßen. Einige zeigten sich dann leider auch in einem Zustand, der keine Hilfe mehr ermöglichte. „In meiner ganzen Züchterlaufbahn hatte ich so eine aggressive Form der Jungtaubenkrankheit (JTK) noch nicht erlebt.“ Erste Maßnahme: Es wurde fünf Tage mit Ridzol und AmoxyClav (Amoxicillin und Clavulansäure) behandelt und anschließend drei Tage mit Colistin. Parallel dazu kamen Winput, Immunbooster, Moorgold und Entrobac zum Einsatz. „Auffällig war, dass das Winput schlecht aufgenommen wurde, eine Folge dessen, dass ich es ihnen nicht nach dem Absetzen frühzeitig gefüttert habe und sie es so nicht kennen lernen konnten“, wie Alfred selber eingesteht. Nach einer Woche war dann das Schlimmste überstanden, die meisten Tiere waren symptomfrei, allerdings war der Appetit noch nicht so ausgeprägt wie zuvor. Daher wurden keinerlei Trainingstouren gefahren, sondern Alfred ließ sie nur am Haus trainieren, um die JTK richtig auszukurieren. Im Laufe der Woche wurde das Fliegen immer besser und auch der Appetit kam zurück, sodass die 86 Tiere starke Truppe nach dem Freiflug binnen dreißig Sekunden über die Antenne einsprang.
Welche Folgerungen zog Alfred Berger aus dem Geschehenen? „Zunächst einmal werde ich wieder früher anpaaren, um ältere Jungtauben an den Start zu bringen, denn die jüngsten Tiere hatte die Krankheit auch am schwersten getroffen. Dann werde ich auch wieder verdunkeln. Dazu sind einige Umbaumaßnahmen an der Jungtieranlage notwendig. Als dritte Maßnahme werde ich die Jungtiere in Zukunft wieder konsequent von Beginn an mit dem Einsatz unserer Produkte begleiten, die das aktive und passive Immunsystem aktivieren und stärken sowie den Infektionsdruck senken, denn mit diesen Maßnahmen hatte ich in der Vergangenheit die JTK immer sehr schnell überwunden und vor allem auch keine so gravierenden Verluste erlitten.“
Fazit
Wer Misserfolge ausschließlich bei anderen sucht oder mit Pech begründet, wird niemals an die Spitze kommen. Der Meisterzüchter sucht zuerst die Fehler bei sich selbst, analysiert gute wie schlechte Ergebnisse, ordnet sie richtig ein, zieht die notwendigen Schlussfolgerungen und setzt diese in Maßnahmen für die Zukunft um. Bei Alfred Berger in Winseldorf ist man diesbezüglich auf einem guten Weg.