Beim letzten Flug war alles vorbei…

„Wenn der letzte Flug nicht danebengegangen wäre, könnte man von einem guten Jahr sprechen“, so Klaus Steinbrinks Antwort auf meine Frage nach seinem Resümee der Alttierreise 2015. Nachdem witterungsbedingt eine Vielzahl von Starts auf den Sonntag verschoben werden mussten, hier teilten die Osnabrücker wohl das Schicksal vieler RVen und RegV in diesem Jahr, und zwei von den geplanten 13 Touren ganz abgesagt wurden, war am Wochenende 18./ 19.07. der Endflug von 600 km vorgesehen. Aufgrund der ungünstigen Wetterprognose wurde erst der Samstag, dann der Sonntag und schließlich der Montag als Auflasstag vorgesehen. Entsprechend verschoben sich die Einsatztage. „Da ich noch gute Aussichten auf Platzierungen auf Bundesebene und regional hatte, wollte ich es wissen und powerte die Tauben vermutlich zu sehr.

In der Regel erhält die Mannschaft die letzten drei Tage abends 5ml/l Wasser Rotosal in die Tränke. Ich gab es ihnen nun zusätzlich auch morgens ins Trinkwasser. Durch das Verlegen des Einsatztages bekam die Truppe nun vier Rotosal-Tränken mehr als gewohnt. Die Truppe war in einer gewaltigen Form und riss mir fast den Schlag ab. Ich bin davon überzeugt, bei einem normal verlaufenden 600er hätte es geklappt. Der Flug wurde wegen des Wetters jedoch auf 420 km verkürzt. Zudem lag eine breite Regen- und Gewitterfront quer zur Flugrichtung. Das Ergebnis war, dass nicht die gewohnt guten Tauben kamen, sondern Tiere, die sich beim normalen Flugverlauf weniger gezeigt haben. Die Besten kamen teilweise nass wie aus der Waschmaschine gezogen an. Hoch gepokert und verloren – meine Schuld. Ich habe überzogen.“ Entsprechend war das Ergebnis: 29/9 Preise, beginnend mit dem 2. Konkurs, knapp geschlagen von seinem Vater Herbert, und Absturz in der RegV-Meisterschaft. Anderes Wetter, andere Tauben – eine alte Taubenzüchter-Weisheit, aber wer von uns kann das Wetter mit Bestimmtheit voraussagen. Es zeigte sich einmal mehr, dass Tauben für uns Züchter oft unbekannte Wesen sind und auch Spitzenzüchtern Fehler unterlaufen können.

Überhaupt war die Saison mit einigen Problemen verbunden. Bereits in der Trainingsphase am Haus töteten oder verletzten die Raubvögel mehr als 10 Tauben, darunter zwei Tiere, die in der Saison 2014 12 Preise geflogen hatten, und einige jährige Hoffnungsträger. Auch an den Auflassplätzen der Privatstarts attackierten die Krummschnäbel trotz Wechsels des Ortes permanent, sodass nach vier Versuchen die Trainingsflüge abgebrochen wurden. Im Laufe der Saison hatte sich die Situation dergestalt entspannt, dass Klaus zumindest zwischen den ersten vier Preisflügen die Mannschaft mittwochs bis auf 35 km wegbringen konnte. Im Verlauf der Saison waren Trainingsflüge dann nicht mehr notwendig, da die Mannschaft sich durch den täglichen Freiflug in die notwendige Form flog. Nach dem 8. Flug trat bei einigen Tieren eine Augenentzündung auf, bei unseren westlichen Nachbarn auch vliesje genannt. Wo sie sich das zugezogen haben, war nicht feststellbar, möglicherweise haben sie sich in der
Kabine infiziert. Obwohl die betroffenen Tauben mit einer Augensalbe und mit
Avisana behandelt wurden, mussten einige von ihnen aussetzen. Das war schmerzhaft, lagen die meisten doch gut im Rennen. „Irgendwie ließ seit Juli die Form nach, die Anzahl der Spitzenplatzierungen ging zurück, dennoch lag die Truppe bis zu dem besagten Endflug in allen Konkurrenzen in der Spitzengruppe.“

Keine gravierenden Änderungen zu den Vorjahren

An dem Spielsystem hat sich nichts geändert, nach wie vor wird die totale Witwerschaft praktiziert. Mit 71 Tieren ging Klaus ins Rennen, darunter waren auch einige Weibchen, die eigentlich nur als Witwen vorgesehen waren und getestet werden sollten. Letztere wurden im Verlauf der Saison aus der Mannschaft genommen. Auch für eine Anzahl jähriger Tiere endete das Programm früher als sonst, denn das Reisejahr brachte harte und schwere Flüge mit sich, nicht nur in Osnabrück, sondern landauf, landab. In der Reisesaison ist für die Vögel zweimaliger täglicher Freiflug von ca. 45 Minuten angesagt. Die Weibchen kommen nur einmal am Tag in die Luft, bleiben dann aber, so sie sich in Topform befinden, bis zu zwei Stunden oben. Vor dem Einsetzen dürfen die Reisepaare zusammenlaufen, nach dem Flug können sie sich für einige Stunden miteinander vergnügen. Weil man sich Vorteile für die Muskulatur verspricht, erfolgt das wöchentliche Bad mit lauwarmen Wasser erst am Einsatztag.

Wirft man einen Blick auf die erfolgreichsten Tauben der Saison, so findet man „die üblichen Verdächtigen“, die bereits im Vorjahr glänzten. Die 11-556 wurde mit 11/11 Preisen und 724 AP zweitbestes Weibchen der RV und achtbestes im RegV. Die 12-213 flog 11/10 Preise, darunter zwei 3. und einen 5. Konkurs. Sie kam auf 815 AP. 11/10 Preise flog auch der 12-366 und holte damit 807 AP. Die 11-541 kam zwar „nur“ auf 11/9 Preise, holte aber mit den Listenplatzierungen 1., 1., 3., 8., 27. insgesamt 850 AP. Auch die 12-688, die Klaus vom Sportfreund Hermann Pohlmann erhielt, flog in diesem Jahr wieder einen 1. Konkurs, dazu je einen 2., 8. und 17. Preis. Das brachte ihr bei 11/9 Preisen 738 AP ein. Mit der  RV-besten Jährigen, der 14-176, verfügt Klaus über eine weitere Hoffnungsträgerin, denn sie konnte 11/9 Preise und 740 AP vorweisen. „Auch sie versagte auf dem letzten Flug. 16 Jahre hintereinander war ich Weibchenmeister in der RV, nun warf mich der Endflug auf den zweiten Platz zurück.“

Spiel mit Jungtauben

Für den eigenen Bedarf werden 65 Tiere gezogen. Die Jungtierflüge werden hier mehr als Schulung für das spätere Leben gesehen. Dennoch freut Klaus sich über Spitzenpreise, die der Nachwuchs erringt. Zwischen den Flügen wird der Nachwuchs, der ausschließlich vom Brett gesetzt wird, nicht privat trainiert. „Ich kenne viele Jungtaubenspieler, die arbeiten in der Woche wie ein Pferd und befinden sich mit ihren Jungen laufend auf der Autobahn. Der Erfolg bleibt dann nicht aus und bei dem Arbeits- und Zeitaufwand, den sie betreiben, haben sie ihn auch verdient. Da sollte man nicht vom Stamme Missgunst sein. Der Nachteil ist, dass bei der Methode auch die mittleren und schwächeren Tiere mithalten und gut fliegen. So erfolgt eine richtige Auslese erst, wenn sie jährig sind. Und dann versagen viele dieser Tiere. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass längst nicht alle gut fliegenden Jungtauben später Asse werden. Viele meiner späteren Topper haben auf der Jungtierreise nichts Großartiges gerissen. Ein Beispiel dafür ist mein  ,481‘, der als Jungtier zwei Tage später gekommen ist und später ein Crack wurde. Natürlich gibt es bei mir auch Tiere, die bereits in ihrer Jugend brillant geflogen haben und auch später überzeugten. Asse werden schon als Asse geboren und die können es eben. Mit viel Training macht man aus einem Ackergaul auch kein Rennpferd“, so Sportfreund Steinbrink.

Versorgung mit Zusatzprodukten

Es dürfte unstrittig sein, dass so, wie der Brieftaubensport heute ausgeübt wird, nur mit Wasser und Futter alleine keine überragenden Erfolge erzielt werden können, auch wenn uns das der Eine oder Andere Glauben machen möchte. Neben den Klassetauben, zweifellos die erste Voraussetzung für Spitzenleistungen, ist die Versorgung mit Beiprodukten der höchsten Qualitätsstufe ein weiterer Baustein, gilt es doch, die Gesundheit zu stabilisieren, die Regeneration nach dem Flug zu beschleunigen und für den nächsten Flug die Tiere mit Energieträgern zu versorgen. Klaus Steinbrink vertraut seit Jahren der Produktpalette der Firma Röhnfried.
Seine Tipps und Hinweise haben u.a. dazu geführt, dass das Produkt RO 200 eingeführt wurde. Hierbei handelt es sich um ein Konditionspulver aus Polyvitaminen, Elektrolyten, Aminosäuren, Mineralstoffen, Energieträgern, Spurenelementen und Prebiotika. Es hat in der Bestandsversorgung einen ähnlich hohen Stellenwert wie Rotosal. Drei Mal pro Woche, nämlich von Dienstag bis einschließlich Donnerstag, wird dieses flüssige Ergänzungsmittel auf der Basis von organischem Phosphor und Oligosacchariden der Abendtränke zugesetzt – Ausnahme siehe oben. Als drittes wesentliches Element ist Blitzform zu nennen, dass Dienstag morgens in der Dosierung 3ml/l in die Tränke kommt. Nicht unerwähnt werden darf der Einsatz von K+K Protein 3000 und Bt-Amin forte. Weitere Produkte der Firma Röhnfried werden in Abhängigkeit von der Jahreszeit und Belastung der Tauben eingesetzt.

Fragt man unseren Sportfreund nach den Gründen seiner jahrelangen Erfolgsgeschichte, so stehen für ihn an erster Stelle „die super starken Tauben. Dann muss ich wohl auch einen Superschlag haben, sonst würden die Tauben nicht so stark fliegen. Und ich habe wohl auch ein super Schlagmanagement, zu dem auch die super Beiprodukte gehören. Wenn man gut fliegen will, muss alles stimmen. Und auch bei Rückschlägen darf man nicht ständig die Methode wechseln.“

Keine Frage, Klaus Steinbrink wird auch in Zukunft wieder vorne mitmischen. Und dann wird es auch wieder, wie beispielsweise 2014, mit dem letzten Flug klappen. Denn auch ein Spitzenspieler lernt
aus Fehlern.

2015

Einige herausragende Flüge 2015

Alsfeld, 195 km, 38 Züchter, 1115 Tb., selbst: 71/64 = 90,1%, 1. – 11., 13. , 16. usw.

Hammelburg, 278 km, 37 Züchter, 1080 Tb., selbst: 69/43 = 62,3 %, 1., 3., 20., 21. usw.

Bamberg, 330 km, 37 Züchter, 1054 Tb., selbst: 70/49 = 70 %, 3., 4., 6., 7., 9., 12., 13., 13.,

Passberg, 432 km, 32 Züchter, 843 Tb., selbst: 63/41 = 65,1 %, 2., 3., 16., 17., 19. usw.

Bamberg, 330 km, 31 Züchter, 794 Tb., selbst: 59/37 = 62,7 %, 1., 2., 6., 10., 14., 17. usw.

Neumark, 412 km, 28 Züchter, 697 Tb., selbst: 51/38 = 74,5 %, 1., 1., 3., 13., 18., 19., 20. usw.

Breuna, 133 km, 28 Züchter, 665 Tb., selbst: 54/32 = 59,3 %, 1., 2., 3., 6., 8., 10., 11, 14. usw.

Osterhofen, 538 km, 28 Züchter, 672 Tb., selbst: 55/27 = 49,1 %, 2., 8., 20. usw

Haaren, 94 km, 28 Züchter, 630 Tb., sebst: 40/27 = 67,5 %, 1., 3., 4., 9., 12., 12., 15., 18. usw.

Einige Erfolge 2015

3. RegV-Meister 1.  FG-Meister 2. FG-Jährigenmeister

1. RV-Verbandsmeister 1.  Sieger Klinikcup 2. RV-Weibchenmeister

2. RV-Männchenmeister 1.  Platz Westfalenmeisterschaft

7 x 1. Konkurs

One thought on “Beim letzten Flug war alles vorbei…

  1. Klaus ist ein super taubensportler , immer sehr bemüht können sich viele als Vorbild nehmen. Klasse Film mit ihm Liebe Grüße aus Hamm

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